Pädagogischer Ansatz

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Sozial und stark

Bildung, Wertedebatte, PISA – Bildung ist wichtig, das weiß inzwischen jeder. Aber was genau macht die „richtige“ Bildung aus? Zu was sollen die Kinder erzogen werden, was sollen sie lernen, können, wissen? Was soll ihnen der Kindergarten auf dem Weg in die Schule mitgeben? Was bedeutet Schulreife?

Wenn eine Kindertagesstätteneinrichtung mehr tun möchte als die ihr anvertrauten Kinder nur zu verwahren und zu verwalten, dann muss sie wissen, welches Ziel sie mit ihrer Erziehung über die reine Betreuung hinaus verfolgt. Sie muss sich ihrem Bildungsauftrag stellen und wissen, nach welchen Werten sie handelt und warum.

Was für Werte sind es, an denen sich die Erziehungsarbeit in der Kita an der P.H. orientiert? Eltern und ErzieherInnen der Kita haben auf einem Konzeptwochenende im Mai 2005 Antworten formuliert und ein pädagogisches Ziel vereinbart:

Wir wünschen uns, dass die Kinder in ihrer Kita-Zeit Ich-Stärke aufbauen, soziale Kompetenz entwickeln und Welterfahrung sammeln.

Diese drei Aspekte bedingen sich wechselseitig. Ein starkes und souveränes „Ich“ ist die Voraussetzung dafür, dass sich ein Mensch in einem sozialen Gefüge bewegen kann. Vertrauen, Liebe, Konfliktfähigkeit und Achtung entwickeln sich im Spannungsfeld zwischen „ich“ und „den anderen“. Es ist auch die Auseinandersetzung mit der „Welt“, in der sich das Ich immer wieder messen und neu erfahren kann – im Kontakt mit Materialien, Sinneseindrücken, Schwerkraft, Räumen, Bäumen, Büchern und Regeln.Was meinen wir damit?

Ich-Stärke

Jedes Kind hat einen Anspruch darauf, als das, was und wie es ist, rückhaltlos akzeptiert und respektiert zu werden. Es hat ein Recht auf Schutz seiner Integrität, auf sein So-Sein. Trotzdem werden nicht alle seine einzelnen Verhaltensweisen und Handlungen toleriert und hingenommen. Die Einhaltung von Regeln und den Respekt vor der Integrität anderer muss ein Kind ebenso lernen. Die Persönlichkeit des Kindes entwickelt sich zwischen strukturgebenden Regeln und Freiräumen, die es zur Entfaltung braucht. Zu den nötigen Freiräumen gehört auch und vor allem freies Spiel. Das ermöglicht den Kindern, sich den für sie wichtigen Themen (Überwindung von Angst und Herausforderungen, Erlangung fein- und grobmotorischer Fähigkeiten etc.) zu dem Zeitpunkt und auf die Weise zu nähern, die für es selbst richtig sind. Wir vertrauen auf das Selbstbildungspotential der Kinder und geben ihnen Zeit, eigene Lösungsansätze für Probleme zu entwickeln (z. B. Kontakt zu anderen aufzunehmen, Langeweile zu überwinden). Sind Kinder mit der Lösung eines Konfliktes (z.B. wegen asymmetrischer Machtverhältnisse) alleine überfordert, werden sie bei der Entwicklung einer Lösung begleitet. Im freien Spiel werden die Kinder nicht unterbrochen, um ihnen Beschäftigungsangebote zu machen. Die Kinder werden nicht beschäftigt, sie beschäftigen sich. Wenn z.B. ein Kind mit der Planung eines Vogelhäuschens beschäftigt ist, werden ErzieherInnen es nicht unterbrechen, um mit ihm Fensterbilder zu basteln. Sie werden es eher bei der Wahl der geeigneten Materialien und Werkzeuge beraten und den richtigen Platz für das Vogelhaus suchen.

Ich-starke Kinder sind selbstständig und mündig. Sie fordern selbstbewusst Respekt für sich selbst ein und können deshalb auch anderen mit Achtung begegnen. Sie können Verantwortung übernehmen, sozial denken und handeln.

Soziale Kompetenz

Die Kita ist ein Ort des sozialen Lernens. Der Alltag soll den Kindern ermöglichen, sich als soziales Wesen wahrzunehmen, als starkes Ich im Wechselspiel mit anderen Menschen. Sozial sein heißt nicht immer nur an die anderen zu denken und sich immer hintanzustellen. Sondern es bedeutet, sich zuzutrauen, den richtigen Platz inmitten anderer Menschen zu finden, einen Platz im Miteinander, der den eigenen, persönlichen Fähigkeiten und Stärken entspricht. Einen Platz, an dem das Kind es selbst sein kann und zugleich die Gemeinschaft stärkt. Eine Rolle, die es ihm ermöglicht, der Gruppe etwas zu geben, was nur es selbst geben kann. Soziale Kompetenz heißt auch, eine einmal gefundene Rolle wieder aufgeben zu können, sich neuen Gegebenheiten und neuen Entwicklungen, auch eigenen Fortschritten stellen zu können, den Schritt in eine neu definierte Identität zu wagen und langgehegte Rollen wieder aufgeben zu können.

Große und kleine Kinder lernen voneinander, sie lernen soziale Verantwortung. Sie decken für einander den Tisch, räumen gemeinsam auf. Sie passen aufeinander auf, rufen Hilfe, wenn ein anders Kind diese braucht, und lernen, Aggressionen und Konflikte konstruktiv auszutragen.

Eltern und ErzieherInnen der Kita sind sich einig, dass die soziale Kompetenz die entscheidende Fähigkeit ist, die wir unseren Kindern wünschen. Wir führen damit das weiter, was die Kita in ihrer über 30-jährigen Tradition seit jeher geprägt hat. Die soziale Kompetenz ist auch heute noch für viele Eltern der entscheidende Grund, weshalb sie ihre Kinder der Kita anvertrauen.

Welterfahrung

Grundlage allen Lernens und Wissens ist Welterfahrung. Wasser fließt abwärts, Äste wippen, etwas Nasses fühlt sich kalt an, Käfer fliegen, aus Blüten werden Früchte, aus Früchten Marmelade, Flecken lassen sich von glatten Flächen leichter abwischen, die Geräuschempfindlichkeit der ErzieherInnen hängt von der Tagesform ab, Brombeeren schmecken süß, Dornen pieken, Papier kann man falten, knüllen, aufweichen. All dies lässt sich besser begreifen, wenn man es auch erleben und ausprobieren darf. Kinder wollen wissen, was die Welt im Innersten zusammenhält. Experimentierfreude, Neugier und Wissensdurst sind unerschöpflich. Sie brauchen aber Raum, um sich entfalten zu können. Sie müssen aufmerksam begleitet und im richtigen Moment mit mehr Anregungen angefüttert werden. In der Auseinandersetzung mit der Welt um sie herum lernen die Kinder sich selbst zu spüren und entwickeln ein Gespür für die eigene Entwicklung – auch durch die Erfahrung, dass eben nicht alles auf Anhieb gelingt: Wo sind meine Grenzen? Was fühlt sich gut an, was ist mir unangenehm? Wer kann höher klettern als ich? Was kann ich besser? Und wie hoch kann ich den Baum nach der Winterpause klettern?

Welterfahrung ist auch die Grundlage für sprachliche Kompetenz und Lesekompetenz, denn nur wer Dinge erfährt, kann diese artikulieren.